Ich erwache im Schein flackernder Kerzen. Zahllose müssen es sein, die den Raum erhellen und erwärmen, so dass ich nicht friere, obwohl ich nackt und mit ausgestreckten Armen und Beinen unter meinem Betthimmel liege. Wie man mich so fesseln, so bewegungslos machen konnte ohne dass ich davon vorher erwachte, weiß ich nicht – doch es ist mir auch gleich. Meine Fingerspitzen spüre ich kaum noch – bis auf ein leichtes Kribbeln – doch auch dieses Gefühl ist tief unter meiner Aufmerksamkeit vergraben, die einzig und allein dem Geschöpf gilt, das neben mir steht.
Wie eine Statue – ganz bewegungslos steht sie da neben mir. Hochgewachsen, überragend und fast gütig auf mich herabschauend. Sie bewegt sich zwar nicht, doch ihre weiche, fließende Kleidung, aus in langen Wellen fallenden schwarzen und roten Stoffbahnen bestehend, scheint sich zu bewegen. Fast gütig lächelt sie auf mich hinab – die Lippen von stechend roter Farbe. Die Augen sind verborgen hinter einer schneeweißen Maske – ganz schlicht und unverziert. Und ihr Haar – das kann ich nur erahnen.
Ich sehe mich um, doch in der Schwärze erkenne ich nur Flammen. Nichts, was dahinter sein könnte.
Wer … wer bist du?
…
Warum sprichst du nicht mit mir?
…
Mehr als unheimlich ist Ihre Regungslosigkeit. Ihr nicht weichendes Lächeln. Ich sehe Unnahbarkeit in Ihr und … und auch Güte. Ein wenig Kälte scheint mein Herz zu umgreifen, aber … ob sie dort richtig ist, das weiß sie nicht.
Was hast du mit mir vor?
Immer noch Stille.
Meine Augen suchen verzweifelt etwas, um sich daran festzuhalten. Doch Ihr Gesicht – das fürchten sie, als Quelle von Angst und Ungewissheit. Und die Flammen – die sind zu unstet und so … so senke ich den Blick in die Schwärze und überlege, mit welchen Worten ich dieses Wesen dazu bringen könnte, mir etwas von sich preiszugeben.
Eine Bewegung reißt mich aus meinen Gedanken. Die Frau faltet die Hände vor sich und lässt sich anmutig neben mir nieder – und ihr Lächeln wird ein wenig echter und ihr Blick etwas wärmer, als sie ein Stück Stoff aus einer Falte ihres Gewandes holt. Die Augen scheinen hinter der Maske zu leuchten, als sie es entfaltet. Ich hebe den Kopf etwas um – interessiert – einen Blick darauf zu erhaschen. Daraufhin verharrt sie in Ihren fließenden Bewegungen, schaut mich durchdringend an. Ihr Lächeln ist der Kälte gewichen.
Sie legt bedacht das gefaltete Stück roten Stoffs neben mir ab, und drückt langsam aber beständig meinen Kopf mit Ihrer Hand auf meinem Gesicht zurück.
Bitte verzeih mir, ich wollte nicht…
Ein eisiger Blick bringt mich zum Schweigen und ich wage es nicht, noch einmal so neugierig zu sein und sehe nur, dass ihr Lächeln zurückkehrt als sie damit fortfährt, den Stoff auseinander zu falten. Ich versage dabei, in ihrem Blick zu lesen was sie da hat und übe mich in Geduld. ‚Das ist ja gar nicht schlecht – das ist sowieso eine Lektion, die ich lernen muss‘ schießt es mir duch den Kopf.
Erneut verharrt sie in Ihren Bewegungen, blickt mir in die Augen, hebt das auseinandergefaltete Stück Stoff vor Ihr Gesicht und zieht – triumphierend lächelnd – eine Nadel hervor, die im Kerzenlicht funkelt.
Nein!
Amüsiert kichert die bisher lautlose Frau, als ich versuche, mich trotz der Seile, die mich halten, von ihr wegzubewegen.
Bitte n…
Der Zeigefinger der Hand, in der sie die Nadel hält, legt sich auf meine Lippen, und ich verstumme augenblicklich. Lächelnd nickt sie mir zu, und als sie die Hand wegbewegt, hinterlässt sie mit der scharfen Kanüle einen Kratzer auf meiner Wange. Als ich sie empört ansehe, und etwas erwidern will, greift sie nach meinem Oberarm, und sticht mit der Nadel in einen der im Versuch, mich aufzurichten, angespannten Muskeln. Eher erschrocken als vor Schmerz stöhne ich auf und sie legt sich über mich. Ganz langsam und voller Genuss treibt sie die Kanüle tiefer hinein – als hätte sie alle Zeit der Welt und möchte das Gefühl für mich ausdehnen und unendlich lang werden lassen, denn entkommen kann ich ihr nicht.
Ich hielt die Luft an, und auch nun, da sie sich aufgerichtet hat, wage ich es nicht zu sprechen. Sie schaut mich fragend an, verharrt eine Weile und nickt dann gütig. Sie breitet den Stoffstreifen auf mir aus, und ich sehe aus dem Augenwinkel, und indem ich den Kopf ein wenig hebe, unzählige weitere Kanülen und … nein – diesmal werde ich den Fehler nicht noch einmal machen, und protestieren.
Was folgt, verschwimmt in meiner Erinnerung zu einem einzigen schwebenden Flug zwischen wundervollen, grausamen, eleganten, schmerzhaften, warmen, anmutigen und elektrisierenden Erfahrungen, auf den sie mich entführte und … mitten in diesem Flug legt sie mir einen Samtstreifen über die Augen, löst das Seil um eins meiner Handgelenke und… es ist still.
Noch lange liege ich dort und genieße diese kontrastvollen Gefühle, bis ich mich befreie, meine schmerzenden Arme und Beine strecke und an mir hinabschaue. Ein verschlungenes Muster aus feinen Linien, wie sie die schönen, geschliffenen Spitzen der Kanülen in die Haut reißen können, ziert meinen Oberarm – bis hinunter zur Hüfte. Wie eine Mischung aus einem Spinnennetz, schwungvoller Kalligraphie und den Adern eines Blattes sieht es aus, nur in feinem, filigranem Rot. Einige Tropfen Blut haben meinen Körper verlassen, etwas dickere Linien gezogen – und an den wichtigsten Stellen des Musters stecken Nadeln, mehrmals durch die Haut gestochen.
Ein wenig schade ist es, dass dieser Traum zu lang ist, um ihn meinem Wunschbaum anzuvertrauen. Aber die Rothaarige, die die Hauptrolle spielt – die sehe ich sehr bald wieder. *strahlt*
*schmunzelt* Was für ein interresanter Traum.
Soetwas würde ich gern mal einem esoterischen Traumdeuter vorlegen und die Reaktion beobachten.
Warst du enttäuscht als du aufgewacht bist?
Es war merkwürdig – ich bin aufgewacht als ich mich im Spiegel betrachtete und lächelte :) Also … ich war nicht enttäuscht, dass ich aufwachte – ich warte nämlich neben einer wunderschönen Frau auf – aber ich hätte gern die Spuren des Traumes auf meinem Körper gehabt :)
Die Reaktion des Traumdeuters mag ich gern sehen. Kennst du eine?
So was träumst du .. ?
*nachdenklich*
Wie du schreibst, gefällt mir .. muss ich zugeben :P Ja, ich finde deinen Schreibstil toll1