Eine Zeitreise

Ich bin ein leidenschaftlicher Rollenspieler – im ganz normalen nicht-perversen Sinne. Mit Würfeln und Stift und Papier und so :) Und ich liebe den Gedanken, zeitweise eine andere Person zu spielen. Es ist befreiend, auf eine Art. Und so kam es, dass ich diesen Gedanken mit in ein Spiel nehmen wollte. In dem Spiel wollte ich eine Zofe sein. Eine, die sich ihres Status und Ihrer Abhängigkeit bewusst ist – und ihrer Herrin ergeben dient. Ich habe diesen Wunsch geäußert, ihn meinem Baum anvertraut und – nun – eines Tages ging er in Erfüllung.

Schon Tage und Wochen bevor ich mich an jenem Freitag in den Zug zu meiner Spielgefährtin setzte, säumten Träume meine Abendstunden – jene, während denen man wachliegt und die Gedanken schweifen lässt – und mehr und mehr auch solche die in den Zeiten kommen, in denen ich mich eigentlich auf andere Dinge konzentrieren sollte. All zu verlockend war die Vorstellung und so groß meine Erwartungen. Und dazu kam die Gewissheit, dass sie übertroffen werden würden – denn … das war bei geplanten Spielen mit Ihr immer so.

An diesem Tag fuhr ich also mit dem Zug in Ihre Stadt – sie würde mich am Bahnhof treffen. Und mein Herz schlug ganz aufgeregt als ich sie erwartete und sie auf mich zukam. Sie trug Handschuhe, damit sie Brennnesseln, die sie mir – zu einem hübschen Strauß gebunden – überreichte, nicht stachen. Ich hätte sie umarmen können für solch einen schönen Auftackt – und tat es auch. Wir hatten uns wie immer viel zu lange nicht gesehen. Die Fahrt in Ihre Wohnung verging wie im Fluge – und als wir dort waren, standen wir uns im Flur gegenüber. Wir wussten, was geschehen würde: Wir umarmten uns – und verabschiedeten uns. Bevor wir auseinandergingen überreichte ich ihr unser Buch. Ein Buch, dem wir unsere Gefühle und Gedanken über Vergangenes und – vor allem – füreinander anvertrauten. Auf den letzten Seiten hatte ich einige Träume für unser Zofenspiel niedergeschrieben – in dem Wissen, dass solch Zeilen nach diesem Erlebnis ganz anders aussehen würden.

Dann schickte sie mich ins Badezimmer – in dem Wissen dass, wenn ich es verlassen würde, sie nicht mehr sie und ich nicht mehr ich sein würde.

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Im Badezimmer lag ein fein zusammengelegtes Kleidungsstück, darauf  ein Staubwedel und zwei Haarspangen. Dazu ein Brief, den ich mit zitternden Händen auseinanderfaltete. Hübsch verziert war er, und führte mich in die Situation ein, in der ich mich befinden würde, wenn ich aus dem Zimmer trat. In einer Sprache, die wundervoll in ein spätes 19. Jahrhundert passte, in dem unser Spiel in etwa angesiedelt war, erfuhr ich, dass ich von einem abgelegenen Hof außerhalb der Stadt stammte, und sich die Bedienstete der Herrin des Hauses verletzt hätte. Ich sollte für sie einspringen. In diesen Text waren auf wundervolle Weise auch meine Kleidungsvorschriften eingewoben – die Herrin mochte es nämlich nicht, wenn man sich anmaßte, eigene Kleidung – neben der gestellten – zu tragen. Diese bestand aus einer Schürze – die meine Spielpartnerin eigenes für mich genäht hatte – und den Haarspangen. Sonst nichts.

Außerdem standen dort einige Ausblicke auf den Tag. Wenn ich das Bad verließ, würde das Spiel beginnen. Ich hatte mich zu kleiden, den Abwasch zu erledigen und Frühstück für die Herrin zu bereiten – und es Ihr ans Bett zu bringen. Ich legte all meine Kleidung ab – auch zwei Sterne an einer Kette, die mich immer beschützt hatten, und kleidete mich in die Schürze, steckte mir die beiden Haarspangen an und … ja – und zitterte. Ich hatte wahrlich Angst, diesen Raum zu verlassen – vor Unsicherheit und… ja – ich musste mich wirklich zwingen! Und das tat ich auch. Lange genug hatte ich es hinausgezögert. Ich wusste, meine Herrin würde schlafen, ich muss mich beeilen und doch leise sein um sie nicht zu wecken und verließ das Zimmer.Statt einen Berg Geschirr und einem Chaos von der Feierlichkeit der letzten Nacht, von der im Brief berichtet wurde, empfing mich ein recht kleiner, eher symbolischer Berg Aufwasch und ein Wachs-Malheur auf dem Wohnzimmertisch. Ich dachte mir, dass es doch zu schaffen sein muss und machte mich an’s Werk – doch diese neue Kleidung, an die konnte ich mich wirklich nicht schnell gewöhnen :) Und meine Aufregung stieg von Minute zu Minute – denn noch schlief meine Herrin, und der Abwasch und das Kratzen des Wachses vom Steintisch waren nicht leise. Auf keinen Fall sollte ich sie wecken, sagten die geschriebenen Worte, und so lieferten sich das aufgeregte Zittern meiner Hände und der Zeitdruck einen Kampf mit meiner Selbstbeherrschung und Geschicklichkeit. Letztere verlor – und mir gefror das Blut in den Adern, als ich Herrin aus dem Schlafgemach meinen Namen rufen hörte. Nun – den meiner Rolle. „Polly“ – denn, wie Terry Pratchett schon sagte: Das ist ein guter Name für eine Zofe.

Ich eilte hinüber, und sah sie in weiße Decken gehüllt – mich streng anschauend. Ich war aufgeregt und stotterte, als ich den Blick senkte und vor sie trat. Sie musterte mich – und ich sah den Anflug eines Lächelns Ihre Lippen umspielen und war erleichtert. Ich entnahm daraus, dass ich diese Schürze mit all den Bändern wenigstens einigermaßen richtig angezogen habe. Sie fing sich aber schnell wieder und verlangte zu wissen, wer ich sei und – noch wichtiger – wo ihr Frühstück sei. Ich stelle mich artig vor – wenn ich auch viel zu schnell sprach und es noch immer nicht schaffte, ihr länger als einen Augenblick in die Augen zu blicken, und erklärte ihr, dass ihre eigentliche Zofe sich verbrannt hatte und heute nicht erschien – und dass ich ihre Vertretung sei. Sie beließ es erst einmal dabei und ließ sich ihr Frühstück ans Bett bringen. ‚Ein wenig dekadent‘ ging es mir durch den Kopf – doch auszusprechen wagte ich das natürlich nicht.

Eigentlich verlief das Frühstück sehr fein – ich war wirklich brav, kniete einen Moment neben ihr um zu schauen ob sie alles hat was sie braucht. Dieser Moment wurde mir nicht einmal zu lang – so wie ich es vorher befürchtet hatte – es fühlte sich einfach richtig an, es war mein Platz. Als ich sicher war dass sie zufrieden ist ließ ich sie allein Essen und nutzte die wenigen Minuten um meine Aufgaben im Wohnzimmer und der Küche zu beenden. Als ich gerade dabei war, das letzte Wachs zu entfernen, rief sie mich schon zurück. Ich stellte einen Blumenstrauß auf die restlichen Wachsflecken und eilte hinüber, um ihr in Ihren Morgenmantel zu helfen – und lief dann mit Ihrem Geschirr hinter ihr in die Küche. Bis zu diesem Moment fühlte ich mich wirklich fleißig uns souverän.  Vielleicht gar souverän?

Dann betraten wir die Küche. Ich war so froh – sie hatte zu dem Wachs im Salon, das die Blumen nicht ganz verdecken konnten, kein böses Wort verloren. Dafür ließ sie hier den Blick über den Raum gleiten – und ihre Augen schienen dabei eisig zu werden. Ihre Stimme war das Gegenteil, als sie mich in süßem Ton mit einem Lächeln auf den Lippen ansprach und mich darauf aufmerksam machte, wie dreckig der Boden sei. Der Boden? Darauf hatte ich gar nicht geachtet und … nun – natürlich hatte den lange niemand geputzt – und die Kater, die hier ab und an herumliefen taten wohl ihr übriges. Aufgefallen war mir das wohl nicht doch … natürlich wäre es meine Aufgabe gewesen. Die Küche endete ja nicht beim Geschirr!

Daraufhin fielen ihr gleich noch mehr Dinge ein: Ich sei zu laut gewesen, würde herumlaufen wie ein Trampeltier. Viel zu große Schritte machen und sei ungeschickt und … als ich mich rechtfertigen wollte hielt sie meine Hände fest: Ich würde auch viel zu viel gestikulieren, und herumfuchteln. Und… da stockte sie, sah auf meine Schürze und – lächelte erneut. Eine der Schleifen die die die Träger vorn hielten, war aufgegangen. Sie zupfte daran herum, und bot mir an, sie wieder zu binden – was ich verwirrt-dankbar annahm. Ich hätte mir denken können, dass sie mein Handgelenk festhält, und die Schleife darüber bindet – mit einem Doppelknoten – und die andere Hand band sie auf gleiche Weise an.

Daraufhin reichte sie mir eine Zahnbürste – und gab mir eine halbe Stunde Zeit, den Boden und die Fugen der Küche zu säubern. Für jede Fuge, die nicht fein sei, würde es 10 Schläge mit dem Drachenstab setzen und ich macht mich an die Arbeit. Als ich etwas Wasser auf dem Boden verteilte und niederkniete und mich tief hinabbeugte, um trotz der gefesselten Hände den Boden zu erreichen, öffnete sie die Schleife, die die Schürze hinten zusammenhielt, und band meine Fußgelenke damit zusammen. Nun war ich in dieser Haltung gefangen und zitterte, ob ich es schaffen würde.

Die Zeit war so gut abgepasst, dass ich gerade, als sie um war, am anderen Ende des Raumes angekommen war. Die Zahnbürste hatte längst keine Borsten mehr, und der Kopf war, ebenso wie die Haut meiner Finger, auch halb abgeschabt. Ich war so erleichtert alles geschafft zu haben und erwartete zitternd ihr Urteil. Während ich arbeitet saß sie im Salon und las ein Buch – manchmal stand sie unvermittelt hinter mir, ohne dass ich sie kommen hörte oder sah weil ich so vertieft in die Arbeit und so weit heruntergebeugt war – und kritisierte meine Kleidung. Dadurch, dass die Hände an die Träger und die Füße an den Gürtel gefesselt waren, verrutschte gern einmal etwas.

Nun – doch sie war zufrieden – und ich erleichtert. Ich hatte nur ein wenig länger gebraucht – und sie band mich los, und ich durfte ins Bad gehen, mich waschen und meine Kleidung in Ordnung bringen. Danach wollte die Lady einen Spaziergang machen.

Natürlich wäre es merkwürdig gewesen, wenn ich in dieser recht offenen Schürze mit ihr durch den Wald lief – dazu noch mit Schleifchen im Haar. Wir wollten keine Familien erschrecken, und so gestand sie mir zu, meinen bodenlangen schwarzen Mantel anzuziehen. ich musste ihn vorn zuhalten, aber fühlte mich darunter sehr unebdeckt.

Auf dem Weg spielten wir unsere Rollen ein wenig weiter auf. Ich war eifrig-aufgeregt und sie wirkte sehr erhaben und souverän. Wir gingen eine Straße entlang und in einen Wald, sprachen über die Gegend, Ihre Ländereien, vorherige Bedienstete, meine Pflichten, meine Herkunft und über die sozialen Pflichten, die auf sie zukommen würden – und die Party, die am Abend stattfinden sollte. Für diese hatte sie eine Aufgabe für mich.

Polly machte die Ankündigung dieser edlen Feierlichkeit sehr unsicher – und erwartungsvoll aufgeregt. Und mich – als Mensch – ebenso, denn … wollte sie wirklich unter andere Menschen gehen? Mit mir als Zofe? Würde ich sie kennen? Ich konnte an nichts anderes mehr denken und so traten wir in den dunklen Wald ein.

Ich entschied, dass meine Polly Angst vor Räubern hat und wurde immer ängstlicher – und meiner Lady machte sich einen Spaß daraus, mich damit zu necken, mir Schauergeschichten zu erzählen. Als sie sich an einer Brennnessel verbrannte schickte sie mich – vor Schmerzen jammernd – zurück in den dunklen einsamen Wald um ein Halstuch mit Wasser zu benetzen – damit sie sich kühlen kann. Ich zögerte nur einen Augenblick, überwand meine Angst und lief zurück ins Dunkle.

Ich überwand meine Angst und als ich zurückkehrte und sie mir offenbarte, sie hätte mich nur geschickt um zu sehen ob ich meine Furcht vor den Räubern und der Dunkelheit im Wald überwinden würde um ihr zu dienen lächelte ich und war glücklich.

Ich fühle mich übermütig und laufe schon fast hochnäsig neben ihr her – und mit zu ausladenden Schritten, wie sie findet. Deshalb bindet sie meine Knöchel zusammen – als niemand hinsieht – unter meinem langen Mantel. Doch dem nicht genug – als wir ein Stück am Rand des Waldes entlanggegangen sind und wieder ins Dunkel hineingehen hält sie mich fest, verbindet mir die Augen und drängt mich an einen Baum. Ich wage nicht, mich zu rühren und sie fragt mich was ich täte, wenn sie einer der Räuber wäre, vor denen ich solche Angst habe … ich liebe es, dass sie mit Pollys Ängsten spielt und sie stirbt fast vor Furcht.

Als wir nach einem ausgendehnten Spaziergang zurückkehren, darf ich ihre ihre Kleidung abnehmen, ihr ein kühles Getränk und ein Bad bereiten. Zufrieden steigt sie in ein warmes Schaumbad im Kerzenlicht und schickt mich aus dem Zimmer während sie die Wärme genießt und sich entspannt. Ich nutze die Zeit, ein wenig aufzuräumen – und mache ihr nach einigen Minuten ein Eis, das ich ihr bringe. Sie bedankt sich artig und erlaubt mir, ihre vom Spaziergang müden Füße zu massieren.

Nach ein paar weiteren Minuten der Einsamkeit, die sie verlangt, darf ich zurückkehren um ihr Haar zu waschen. Sie hat wundersame toll duftende Tinkturen dafür und ich muss peinlich genau darauf achten, dass nicht einmal ein Hauch in Ihre Augen läuft. Sanft darf ich den Schaum in ihr seidiges, feuerrotes Haar einmassieren – und eine Karaffe voller Wasser mit er richtigen Temperatur holen, um es auszuspülen. Damit das grünlich geschieht, genügt natürlich nicht eine – und ohne eine Dusche oder sonstigen neumodischen Kram dauert es eine ganze Zeit – und ich versuche, die Langsamkeit mit Sorgfalt aufzuwiegen.

Natürlich gelingt es mir nicht immer. Mal ist das Wasser zu kalt, mal zu heiß – und einmal gelangen sogar einige Tropfen in Ihre Augen. Ich fange mir einige böse Worte ein – und ich weiß, dass mir nachher ihre Rache blühen wird.

Als sie dem Bad entsteigt reiche ich ihr weiche, riesige Handtücher und darf sie ein wenig abtrocknen. Sie setzt sich in den Salon und schaut mich streng an. Ich darf sie in ihren Morgenmantel kleiden, und sie verlangt nach einer Gerte. Nun – eigentlich ist es ein Fiberglasstab, den wir bevorzugen weil er sich viel grausamer anfühlt. Ich muss mich über den Sessel beugen – und die kurze Schürze gibt genug frei, das sie treffen kann.

Was sie auch tut. Wegen der Nachlässigkeit beim Frühstück, dem unsauberen Küchenboden, dem kalten Wasser, der Seife in den Augen, der zu großen Schritte. Ich fühle, dass ich jeden dieser Schläge verdient habe und … und fühle mich geknickt und dankbar, als sie mir erlaubt, mich wieder zu erheben.

Als Belohnung weil ich so brav alles ertragen habe, darf ich ihr die Kleidung für die Party aussuchen. Ich persönlich bin darin wirklich nicht bewandert und entscheide mich dafür, ihr drei Alternativen zu bieten. Eine davon sucht sie sich aus – ein mittelalterliches Gewand – und ich darf ihr hineinhelfen.

Auch ihr Haar darf ich flechten (so ungeschickt stelle ich mich dabei gar nicht an) und es elegant an einer Spange befestigen. Dann bin ich dran.

In meiner Schürze mag sie mich wahrlich nicht auf die Party lassen – deshalb bekomme ich eine hübsche Bluse, einen schlichten Rock und eine Korsage. Sie achtet darauf, dass alles fein sitzt, lässt mich erneut meinen Mantel überwerfen, und wir machen uns auf den Weg.

Ich fühle mich so unbeholfen in diesem Outfit – obwohl es keiner sieht. Doch die Korsage vermittelt ein aufregendes Gefühl des Eingeengtseins das ich sehr genieße. Wir verlassen das Haus und gehen durch Hügel und Wiesen – meine Lady ist voller Vorfreude und meine Unsicherheit wächst. Ausnahmsweise nicht die von Polly – sondern wirklich die meine! Wohin wird sie mich führen – wer werden die anderen Gäste sein, die mich so sehen?

Wir kommen auf einer leeren Wiese hinter einem Hügel an. Sie zeigt darauf und fragt mich, ob ich wisse, warum es so leer sei? Sie zeigt auf einen Weg, ein Anwesen, das natürlich nur in unserer Fantasie existiert, bedeutet mir zu warten und läuft um eine Ecke.

Ich stehe dort – einsam und verlassen und unpassend gekleidet und warte auf Ihre Rückkehr. Versuche, sie zu erspähen und fühle mich verloren doch … ehe ich mich daran gewöhne, kehrt sie zurück. Mit forschen Schritten – und sie sieht wütend aus. Als sie bei mir ist, greift sie in mein Haar und zieht mich daran zu Boden, auf die Knie.

Ob ich ihre Post nicht geholt habe, fragt sie mich. Die Party sei abgesagt wurden, und sie hätte sich wie eine Idiotin gefühlt dort aufgekreuzt zu sein – als einzige – völlig planlos. Sie zerrte mich wieder auf die Füße und wir traten den Heimweg an. Schnellen Schrittes und schweigend. Einzig mein Keuchen bei den Aufwärts-Passagen und den Treppen durchbrach die Stille, denn wegen der engen Korsage konnte ich nicht wirklich tief atmen.

Zu Hause angekommen brachte ich ihr wortlos und ungefragt ein kühles Getränk – obwohl ich selbst unmenschlichen Durst hatte. Ich kniete vor ihr nieder als sie langsam und bedächtig trank und ihre Augen statt des Zorns das Funkeln wiedergewannen.

Wie ich meinen faux-pas wieder gutmachen möchte, fragte sie mich. Ich war ratlos. Ich halte mich für fantasievoll – aber in dieser fremden Rolle etwas angemessenes zu finden fiel mir schwer. Bis ich mich besann und … ich bot ihr an, etwas wundervolles zu kochen. Sie nahm das Angebot an – auf der Party hätte es ein italienisches Buffet gegeben, und sie verlangte Lasagne. Doch das war ihr nicht genug.

Ich … ich bot an sie zu unterhalten. Zu singen und zu tanzen und … eigentlich war das nur etwas, das in meinen Ohren gut zusammen klang – doch zu meinem Erschrecken ließ sie sich darauf ein. Ich – als Mensch – konnte nie tanzen. Ich habe es auch niemals getan. Singen konnte ich schon eher doch auf den Schreck fiel mir kein Lied ein! Ich durfte in die Küche verschwinden und das essen vorbereiten, doch als es im Ofen stand rief sie mich zu sich und verlangte nach ihrem Recht.

Ich kniete nieder und zitterte – und meine Stimme tat es mir gleich, als ich die Lieder, die wir abends am Lagerfeuer sangen zu intonieren versuchte. Ich schaffte von keinem mehr als eine Strophe, so aufgeregt war ich und so vergesslich machte es mich. Lange ließt sie das nicht mit sich machen und wollte den zweiten Teil meines Opfers einfordern: Den Tanz.

Davor hatte ich wirkliche Angst. Sie hätte mich schminken und in einem Kleid, in hochhackigen Schuhen auf die Straße schicken können, und ich hätte mich nicht so gedemütigt gefühlt. So stand ich nun vor mir, mit der Aufgabe, mich allein, zu Klängen von Faun – für sie zu bewegen.

Ich bin ihr so dankbar, dass sie solch ein gütiges Publikum war. In fast jeder Sekunde dieser unendlich dauernden 20 Minuten sah sie mich wohlwollend lächelnd an, machte mir Mut, und ich fühlte mich am Ende gar nicht mehr so unwohl. Ich fühlte mich sicher bei ihr und … das war ein tolles Gefühl.

Trotzdem war ich sichtlich erleichtert, als der leckere Duft aus der Küche das fertige Essen symbolisierte. Ich machte einen hübschen Teller zurecht und servierte ihn – durfte noch ein wenig tanzen während sie aß, dann noch ein wenig saubermachen und irgendwann wurde der Abend gemütlicher.

Sie schaffte es gar, einen Film, den sie sehen wollte, in das im 19. Jahrhundert spielende Spiel einzuweben. Ich durfte hinter ihr knien und ihr als Rückenlehne dienen, und wir sprachen über die Handlung des Paktes der Wölfe wie wir ihn erlebten – aus der Perspektive unserer Rollen.

Einige Male durfte ich sie massieren, ihr Eis bringen oder Ihr auf sonstige Art etwas Bequemlichkeit verschaffen – doch der Tag legte sich langsam und als der Film zu Ende war, stand sie unvermittelt auf, kehrte mit der Kette mit dem Stern zurück, und legte sie mir an.

Das war das Zeichen, welches das Spiel für uns beendete. Wir fielen uns erneut in die Arme und waren selig und glücklich – und verbrachten den Rest des Abends darüber, über unsere Empfindungen zu sprechen.

Empfindungen, die in diesem Text wohl zu kurz kamen. Aber wisst ihr – ich habe hier fast nur beschrieben was sich zutrug – welch wunderfeine Ideen sie hatte. Und er wurde so unglaublich lang! Hätte ich noch geschrieben, was ich dabei empfand – das hätte wohl jeden Rahmen gesprengt.

Doch wenn ihr darauf neugierig seid – die Kommentare stehen Euch offen und ihr könnt ruhig fragen :)

Die restlichen Tage, die wir in Zweisamkeit genossen, war sie mein Opfer. Und … es gab genug Gelegenheiten, mich für Ihre Grausamkeiten, Ihre wundervolle liebliche Arroganz und ihre Erhabenheit zu „rächen“ – die ich so genossen habe.

3 Antworten zu “Eine Zeitreise”

  1. […] sie gern einmal als sie selbst ausleben – als Sie selbst. Nicht in einer Rolle, wie ich das schon einmal sehr genossen habe, sondern so wie wir uns kennen. Spielen mit echten Gefühlen, Reaktionen, Wünschen – […]

  2. Gwen sagt:

    Oh, ich mag die Erzählung! Liest sich sehr gut und zeugt von einer aufregenden Reise.

  3. Tristan sagt:

    Dankeschön :) Sie so niederzuschreiben war aber auch leicht, so schöne Erlebnisse wie ich geschenkt bekam. Ich musste nur Worte dafür finden :)

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